Arbeitskreis Fotografie: Jahresausstellung in der ehemaligen Synagoge steht unter dem Motto „Ungewöhnliche Blickwinkel“
Hemsbach. Sie ziehen gerne mit dem Fotoapparat los. Mal in Gemeinschaft, mal ganz für sich. Unter dem Motto „Ungewöhnliche Blickwinkel“ galt es im vergangenen Jahr, das Motiv der Motive zu finden. 36 Mitglieder sind im Arbeitskreis Fotografie (AKF) aktiv. 15 haben sich am Wochenende an der Ausstellung in der ehemaligen Synagoge beteiligt. Das machte am Ende 30 Fotografien – mal in Farbe, mal schwarz-weiß, die einen besonderen Blick auf die Welt ermöglichen.
AKF-Vorsitzende Christa Becker hieß zur Vernissage willkommen. Musikalisch mitgestaltet wurde die Veranstaltung von Volker Gruch aus dem Odenwald. Becker erklärte, dass es sich um eine Auswahl des Jahresprojektes 2023 handele. Jeder Fotograf habe fünf Bilder zur Wahl gestellt, das Plenum habe gemeinsam diejenigen ausgewählt, die ausgestellt wurden. Weil bei diesen Streifzügen mit der Kamera auch immer viele tolle Fotografien entstehen, die es nicht in die Ausstellung schaffen, hat der AKF nun erstmals seine Mitgliederzeitschrift als Bildband aufgelegt. Mit einer bescheidenen Auflage von 40 Exemplaren sollen so die schönsten Fotos gesammelt und verbreitet werden. Für Redaktion und Layout war Markus Gewehr zuständig und hat „ganze Arbeit geleistet“, wie Becker formulierte. Das Heft soll es künftig zweimal im Jahr geben. Die nächste Ausgabe ist im Winter geplant. „Groß verkaufen wollen wir das aber nicht. Das Heft kann dann bei den Ausstellungen erworben werden“, so die Rednerin weiter.
Jetzt sollten aber erst einmal die ausgestellten Bilder bewundert werden. Durch die Galerie führte Günther König. Er erklärte auch die Modalitäten, die es zu erfüllen galt, um bei der Jahresausstellung dabei sein zu dürfen. Das vorgegebene Thema sei fotografisch absolut zu erfüllen.
Das Bild müsse im aktuellen Jahr fotografiert werden; ein Griff ins Fotoalbum sei nicht erlaubt. Qualität und Bildgestaltung müssten beachtet werden, ansonsten bestünden alle Freiheiten und Vorlieben der individuellen Fotografie. Aktuell sei man übrigens zum Thema „Bewegung“ unterwegs. Schon jetzt dürfe man gespannt auf die Ergebnisse der Foto-Touren sein.
Dieses Mal wurden verschiedene Blickwinkel berücksichtigt. Aus der Vogelperspektive hatte König selbst fotografiert. Dabei gab es einen besonderen Über- und Weitblick. Das Bild bekam eine gewisse Überdehnung, aber auch Weite und Freiheit.
So beispielsweise auch bei Ingrid Kühlmanns Arbeit, die ein Treppenhaus abgelichtet hatte. Aus der Froschperspektive hatte sich hingegen Rita Burghardt ihrer Umgebung gewidmet. Sie hatte sich auf Bodenhöhe begeben und so den „Untergrund“ eingefangen. Auf Augenhöhe mit dem Motiv ging hingegen Helmut Deckenbach. Auf seinen Bildern waren Blausternchen und der Herbst im Wald zu sehen.
Den direkten Blick nach oben, der auch Zentralperspektive genannt wird, hatte Klaus Dallinger gewählt. Er zeigt den französischen Arc de Triomphe in Paris. Dabei fotografierte er die Architektur stark vergrößert, was das Bauwerk noch fulminanter wirken ließ. Renate Barth hatte sich aus dieser Perspektive Wohnhäusern angenähert. Armin von Kalkstein hatte bei einem Zeltdach und einer Vogelvoliere die Linien von unten betrachtet. Dabei zeigte er klare Strukturen auf, die Linien liefen gerade aufeinander zu. Das hatte beinahe eine meditative Wirkung. Treppenhäuser konzentrisch nach oben begeisterten Ingrid Kühlmann und auch Günther König selbst. Dabei wurden die Höhen in eine andere Dimension versetzt.
Ein besonderer Ausschnitt einer Kirchenkuppel nutzte Licht als Gestaltungselement. Margot König war es gelungen, dies einzufangen. Eine fotografische Transformation lieferte hingegen Dr. Martin Tuffner. Aus klein machte er groß, während Markus Gewehr beispielsweise Linien in der Ferne betrachtete und beim Motiv „Monochromie urbaner Adern“ der Fantasie freien Lauf ließ. Auch verwirrende Anordnung wurde bildlich dokumentiert. Margot König hatte den Table Top mal anders betrachtet und sich dabei aufs Wesentliche konzentriert. Ihr Bild zeigte Linien, die sich treffen, während Rita Burghardt abstrakt, unscharf und verfremdend, Martin Tuffner durch das Einfangen von Spiegelungen und Christa Becker durch eine Jalousie hindurch der besondere Schuss gelang. Andreas Schwarz hingegen warf am Wasserturm den Blick auf das Wesentliche, während Karin Keilmann die Wahrnehmung vertiefte und Rainer Roth im Schnee ein paar Eisvögel entdeckt und fotografisch eingefangen hatte.
Durch Beeinflussung des Blickwinkels ergebe sich eine neue Stimmung, die emotionale Wirkung werde beeinflusst, sagte Günther König „Alte Sehgewohnheiten werden dadurch durchbrochen und neue Sichtweisen vermittelt. Dramatik und Wirkung werden verstärkt. Bilder werden lebendig, dynamisch, voller Energie und Kreativität.“ mpa
Dieser Text erschien in den Weinheimer Nachrichten am 09.07.2024.